Die Camargue - in Gedanken schon da

Wieder einmal muss ich den Franzosen danken, dass sie Emmanuel Macron und nicht die unerträgliche Madame Le Pen gewählt haben. Denn so kann ich Ferien machen in diesem wunderschönen Land. Ich weiß, es ist idiotisch, seine Urlaubsländer nach politischer Gesinnung zu wählen, denn man unterstützt mit seinen Reisen ja auch die, die sich gegen eine Regierung stellen. Und doch merke ich, dass ich einfach nicht reisen kann, wenn an der Spitze eines Landes ein Idiot sitzt. So sind meine Reisepläne in die USA also leider erst einmal auf Eis gelegt worden.

Wie mir geht es aber einigen. Denn als ich meine Sommerferien im August nach Frankreich plante, war mein Wunsch-Mobilehome an meinem Wunsch-Campingplatz in meiner Wunsch-Stadt an der französischen Atlantikküste am Tag vor der Wahl noch frei. Ich hatte sogar noch ein paar Unterkünfte zur Auswahl. Als ich montags dann - nach Macrons Wahlsieg endlich buchen wollte, waren alle Unterkünfte auf besagtem Lieblingscampingplatz belegt. Merde. Ein leichtes Lächeln hat es mir dennoch auf die Lippen gebracht: War ich doch nicht alleine mit meinem Spleen, nur dann nach Frankreich in Ferien zu gehen, wenn der Jüngere gewinnt.

 

Zum Glück war das jetzt für diese Kurzreise, die nächsten Montag startet, kein Problem. Ich habe das bekommen, was ich wollte. Ein Mobilehome ganz nahe am Plage de l'Espiguette in der Camargue.

Hierher (nicht ins Mobilehome, aber in diese Ecke Frankreichs) komme ich seit 46 Jahren. Nicht jedes Jahr, einmal lagen zwischen zwei Aufenthalten sogar 20 Jahre, aber doch in schöner Regelmäßigkeit, so alle drei, vier Jahre, ganz früher, als ich mit meinen Eltern mitreiste - mit meinen Eltern und deren Eltern - waren wir sogar jedes Jahr hier. Bis heute laufe ich in Port Camargue die Häuser ab und suche "unser" altes Appartement. Suche die Gärten nach Erinnerungen ab, stelle mir mich vor mit einem Jahr, mit zwei, mit drei Jahren, die Kakao-Tasse in der Hand, wie ich meine Oma suchte. So viele Jahrzehnte ist dies nun schon her. Ich selbst bin jetzt so alt, wie meine Oma damals war. Und doch sind diese Erinnerungen ganz lebendig. Längst sind Oma und Opa gestorben, aber wenn ich da bin, ist mir, als reisten sie wieder mit. So sind sie immer ganz wach.

 

Natürlich gibt es viel schönere Ecken in Frankreich - schon gar am Mittelmeer. Aber keine ist so nah an Freiburg wie diese - und das entschädigt schon sehr viel. Denn von Haustüre zu Haustüre sind es bei idealen Verkehrsverhältnissen nur 7,5 Stunden Fahrt. Und das sind weniger Stunden und Kilometer als nach Hamburg, Berlin oder Köln. Und außerdem - wer kann sich schon dem Duft der Herbes de Provence entziehen, wen lässt die Eleganz der Flamingos im Rhone-Delta kalt und wie bitte schön soll man den herrlichen Strand von l'Espiguette einfach ignorieren? Für mich ist die Camargue trotz aller Bausünden, trotz der vereinsamten Promenaden von La Grande Motte und den 70er Jahre Bauten in Port Camargue, den vielen deutschen Touristen und den Importwaren aus China auf den provencalischen Märkten trotz allem ein Stück Paradies. Nicht ganz so weit weg von Daheim, wie die anderen Paradiese, die ich für mich beanspruche. Und doch eben mehr als Zuhause.

 

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0